Last update of this page: 08.10.1999

Die Quellen für polarisierte
Elektronen bei ELSA

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Polarisierte Quellen

Polarisierte Elektronen sind momentan eine der wichtigsten Anforderungen der Experimente an die Beschleunigeranlage ELSA. Deshalb gibt es neben der konventionellen unpolarisierten thermischen Elektronenkanone außerdem zwei Quellen für polarisierte Elektronen. Die erste Quelle (mit einer Elektronenenergie von 120 keV) wird seit Oktober 1996 für Beschleunigertests benutzt. Beim Beschleunigen in ELSA werden depolarisierende Resonanzen durchfahren, die den Polarisationsgrad des Elektronenstrahls beträchtlich erniedrigen können. In den Tests wird der Einfluß der Resonanzen studiert und es werden geeigneten Maßnahmen ergriffen, um auch bis zu hohen Energien (nach dem Kreuzen mehrerer Resonanzen) die Depolarisation gering zu halten.

Seit April 1997 wird in der Quelle ein sogenannter superlattice-Kristall eingesetzt, (die Entwicklung einer japanischen Arbeitsgruppe an der Universität Nagoya), mit dem ein Polarisationsgrad des Elektronenstrahls von 66% erreicht wird.

Die 120 keV Quelle

Die polarisierten Elektronen werden durch Photoemission an Gallium-Arsenid-ähnlichen-Kristall erzeugt. Hierzu benutzt man zirkularpolarisiertes Laser-Licht mit einer Wellenlänge von ca. 750 nm bei dem derzeit verwendeten Superlattice Kristall, also am roten Rande des sichtbaren Spektrums. Die benötigten Pulslängen von 1 µs und die Wiederholrate von 50 Hz werden von einem Blitzlampen-gepumpten Titan-Saphir-Laser erzeugt.

Nach einer elektrostatischen Vorbeschleunigung auf 120 keV werden die zunaechst longitudinal (also in Flugrichtung) polarisierten Elektronen in einem elektrostatischen Deflektor um 90 Grad abgelenkt. Dabei bleibt jedoch die ursprüngliche Ausrichtung des Polarisationsvektors abgesehen von relativistischen Effekten erhalten, so daß die Elektronen danach nahezu transversal zur Flugrichtung polarisiert sind. Transversale (vertikale) Polarisationsrichtung ist nötig, um den Polarisationsgrad während der anschließenden Beschleunigung in den beiden Zirkularbeschleunigern (Booster und ELSA) zu erhalten. Außerdem erlaubt die transversale Polarisation eine Messung durch Mott-Streuung an dünnen Goldfolien direkt hinter der Quelle.

Der transversal zu Impulsrichtung stehende Polarisationsvektor wird im Linac von den zur Fokussierung des Elektronenstrahls eingesetzten Solenoid-Linsen beeinflußt. Dieser Einfluß auf den Polarisationsvektor kann in der Strahlführung vor dem Linac durch entsprechende Vordrehung des Vektors mit Solenoidmagneten kompensiert werden. Hiermit kann der Polarisationsvektor genau in die benötigte vertikale Richtung ausgerichtet werden.

Leistung der 120 kV Quelle

Die Transfereffizienz durch die gesamte Beschleunigeranlage bis zum externen Target ist klein. Vor allem im Transfer vom Linac zum Synchrotron treten größere Verluste auf. Deshalb werden etwa 50 mA Pulsstrom (bei einer Pulslänge von 1 µs) an der Quelle benötigt, um einen quasi-kontinuierlichen Elektronenstrahl von etwa 1 nA am Experiment bereitstellen zu können. Zur Zeit wird an der Quelle ein sogenannter Superlattice-Kristall eingesetzt, der maximale Pulsströme von 100 mA mit einer Elektronenpolarisation von ca. 66% liefert.

Während des Betriebs der Quelle nimmt die Intensität allmählich ab. Dabei hängt die Lebensdauer der Quelle vor allem auch stark von der Güte des Vakuums ab. Um den schädliche Einfluß einiger Komponenten des Restgases gering zu halten, wird die Quelle bei Drücken kleiner 10-11 mbar betrieben. Damit ein hoher Photostrom aus dem Kristall gezogen werden kann, wird die Kristalloberfläche im Vakuum ausgeheizt und anschließend mit geringen Mengen von Cäsium und Sauerstoff präpariert (NEA-Oberfläche). Nach ca. 50 Std Betrieb mit der Quelle ist die Anfangsintensität auf 1/e abgefallen. Durch wiederholtes Nachcäsieren (dauert ca. je 1 Std) kann die Betriebszeit auf etliche Tage erhöht werden. Um nahezu wieder die Anfangsbedingungen zu erreichen, muß der Kristall aber erneut ausgeheizt werden (mit anschließender Präparation der Oberfläche). Eine Prozedur, die fast einen Tag dauert.

Die 50 keV-Quelle

Um eine größere Verfügbarkeit und Betriebssicherheit bei Experimenten mit polarisierten Elektronen zu erreichen, wurde eine weitere Quelle aufgebaut. Bei der Konstruktion dieser Quelle wurden neueste Erkenntnisse berücksichtigt. Die mit einer Energie von 50 keV erzeugten polarisierten Elektronen werden in den Linac 2 eingeschossen. Durch die neue Strahlführung vom Linac 2 zum Synchrotron erreicht man eine stark verbesserte Transfereffizienz. Die Quelle und der Linac wurden Anfang 2000 in Betrieb genommen Mit dieser Quelle wurden am GDH-Experiment Strahlströme von mehr als 3 nA bei einer Polarisation von max. 70 % erreicht.


F. Frommberger