Die Kraft, die Protonen und Neutronen im Kern zusammenhält, wird die
Kernkraft genannt. Nach heutigem Wissen setzen sich Protonen und Neutronen
aus Quarks und Gluonen zusammen. Wie die Theorie der Quantenelektrodynamik
(QED) die Wechselwirkung zwischen positiv geladenen Ionen und negativ geladenen
Elektronen, den Konstituenten der Atome, Moleküle und kondensierter
Materie beschreibt, so beschreibt die Theorie der Quantenchromodynamik
(QCD) die Wechselwirkung zwischen Quarks und Gluonen. Sie wird die starke
Wechselwirkung genannt, aus der sich die Kernkraft als Restwechselwirkung
ergibt. Eine quantitative Berechnung der Kernkraft zwischen Neutronen und
Protonen im Kern - basierend auf den fundamentalen Quark- und Gluonfreiheitsgraden
- ist aber bisher nicht gelungen. Der Mißerfolg liegt nicht daran,
daß die Quantenchromodynamik nicht gilt, sondern reflektiert die
Tatsache, daß das QCD-Vakuum eine komplexe Struktur hat. Es ist daher
notwendig, effektive Freiheitsgrade zu suchen, die eine Beschreibung der
Struktur von Neutron und Proton und der Kräfte zwischen ihnen ermöglichen.
Präzise Ergebnisse von spezifischen Experimenten sind dazu ebenso
Voraussetzung wie Ideenreichtum und komplexe Rechnungen auf der Seite der
Theorie. Streuung und Spektroskopie sind die klassischen Methoden jeder
Strukturuntersuchung. Mit der wohlbekannten elektromagnetischen Wechselwirkung
kann ein solches Programm in fast idealer Weise durchgeführt werden.
Die Antwortfunktionen des zu untersuchenden Systems können sauber
herauspräpariert und eindeutig interpretiert werden. Die experimentellen
Voraussetzungen dazu sind moderne Elektronenbeschleuniger, die Strahlen
mit geeigneter Energie, Intensität, Zeitstruktur und Polarisation
liefern. Diese Beschleuniger stehen mit ELSA (Bonn) und MAMI (Mainz) zusammen
mit einer Grundausstattung an Experimentiergerät zur Verfügung.
Eine zunehmende Zahl von Forschergruppen - in Theorie und Experiment -
sind an der beschriebenen Thematik interessiert und darin aktiv tätig.
Durch die Inbetriebnahme des amerikanischen Elektronenbeschleunigers CEBAF
erhält das Gebiet einen weiteren Schub. Eine koordinierte Förderung
der deutschen Gruppen wird diese in den Stand versetzen, die vorhandenen
experimentellen Möglichkeiten zur Erforschung des Nukleons und der
relevanten Freiheitsgrade voll zu nutzen und zu optimieren. Der Modellcharakter,
Großgeräte an der Hochschule mit Studenten zu entwickeln und
zu betreiben, wird unterstützt durch die Einbeziehung weiterer Universitätsgruppen.