Nächste Seite: Ziele und Arbeitsprogramm
Aufwärts: Stand der Forschung
Vorherige Seite: Freiheitsgrade in Kernmaterie
Voraussetzung für eine erfolgreiche Bearbeitung der angesprochenen
Fragestellungen ist die Verfügbarkeit einer adäquaten Ausstattung
an Experimentiergerät. An die Qualität des für Streuexperimente
benötigten Elektronenstrahls werden spezielle Anforderungen gestellt.
Die Strahlenergie ergibt sich aus der zu untersuchenden mikroskopischen
Zeit- und Längenskala, die Stromstärke bestimmt mit, wie ,,klein``
Signale sein dürfen, um gesehen zu werden. Schon früh gelang es,
Beschleuniger zu entwickeln, die mit ausreichenden Strahlqualitäten
einen Einstieg in das Forschungsgebiet ermöglichten.
Es zeigte sich aber bald, daß der Entwicklung und Präparierung
anderer Strahlparameter, wie der Zeitstruktur und der Polarisation,
eine herausragende Bedeutung zukommt.
Adäquate Energie und Stromstärke konnten relativ einfach
und ökonomisch mit Beschleunigern, die im Pulsbetrieb arbeiten,
verwirklicht werden. Beschleuniger, die einen kontinuierlichen
oder fast kontinuierlichen Strahl liefern, wurden erst in den
letzten Jahren entwickelt. Diese Betriebsart erlaubt den Einsatz
empfindlicher Detektoren zum Nachweis vieler gleichzeitig auftretender
Reaktionsprodukte. Ein kontinuierlicher Elektronenstrahl ist
die Voraussetzung, um
einen intensitätsreichen
-Strahl mit bekannter
Energie zu präparieren.
Alle elementaren Bausteine der hadronischen Materie
besitzen einen Drehimpuls. Um herauszufinden, wie die
Struktur durch das Ausrichten der Drehimpulse der Bausteine beeinflußt
wird, ist es nötig, die Nukleonen oder Kerne zu polarisieren und
polarisierte Strahlen zu benutzen.
- Das Bonner Labor nimmt in der Entwicklung und Fertigung
polarisierter Nukleontargets eine Spitzenstellung ein.
Seit 20 Jahren [26] werden geeignete Materialien untersucht und
im Experiment eingesetzt. Die Expertise im Bau von Polarisationskryostaten
in der eigenen Institutswerkstatt ist für das Experimentierprogramm von
unschätzbarem Vorteil. Bedingt durch den Nachweis verschiedener
Reaktionsprodukte, je nach Reaktion, kommen verschiedene Targetkonfigurationen
zum Einsatz.
Für
-Strahlen wird ein sogenanntes ,,Frozen-Spin-Target`` benutzt, das
mit
Temperaturen um 50 Mk betrieben wird.
Für Experimente am Elektronenstrahl wird eine Methode benutzt, die auf dem
Prinzip der
dynamischen Polarisation beruht und bei einer Temperatur von
1 K arbeitet. Alle Targets befinden sich in starken Magnetfeldern,
die wiederum die Bahnen von geladenen Reaktionsprodukten beeinflussen.
Entsprechend müssen die Nachweisdetektoren angepaßt werden.
Es war deshalb ein großer Erfolg in der Targetentwicklung,
erstmals ein System mit integrierter Haltespule zu entwickeln und
zum Einsatz zu bringen. Das erste Experiment mit diesem
Target war die Photoproduktion von
-Mesonen am PHOENICS-Detektor
[9].
Für den Nachweis von Reaktionsprodukten, wie Elektronen,
Nukleonen, Mesonen und Photonen, war die Entwicklung von neuen
Detektorsystemen
nötig und - wegen der verbesserten Strahleigenschaften - möglich.
An ELSA sind neben PHOENICS noch 2 größere Aufbauten in Betrieb.
SAPHIR [13] steht für einen Großraumdetektor, der
geladene und - mit Einschränkung -
-Quanten nachweisen und
spektroskopieren kann. Das Magnetvolumen von einem m
ist ausgefüllt mit ortsempfindlichen Detektoren, aus deren Signal die
Spuren der geladenen Reaktionsprodukte rekonstruiert werden
können.
Mit diesem Detektor können insbesondere
Vielteilchenreaktionen mit einem Energieübertrag von 3.3 GeV
gemessen werden, ein Gebiet, das für die
Strukturuntersuchungen am Nukleon erstmals für
systematische Forschungen erschlossen wird.
Der fast kontinuierliche Elektronenstrahl von ELSA erlaubte den
Einsatz großvolumiger nicht-magnetischer Detektoren am
Meßplatz ELAN, an dem elektroinduzierte Reaktionen
untersucht werden; an gepulsten Elektronenstrahlen war diese
Art von Messungen wegen des sehr hohen elektromagnetischen
Untergrunds nicht möglich.
Mit dieser Anordnung können für viele Reaktionen erstmals
mit guter Qualität
auch neutrale
Teilchen, wie
-Quanten und Neutronen, nachgewiesen werden
[2,5]. Ein polarisierter Elektronenstrahl wurde zwar präpariert und
in ELSA
beschleunigt, konnte aber noch nicht bei Experimenten zum Einsatz
kommen.
Für diesen Antrag spielt der Teil der Apparaturen an MAMI eine
Rolle, der von der Kollaboration A2 aufgebaut wurde. Großvolumige
Kristalldetektoren, wie z. B. CATS und TAPS, [3,8] erlaubten
die Spektroskopie von
-Quanten und neutralen Mesonen
mit photoinduzierten Reaktionen. Großflächige Flugzeitdetektoren
kommen zur Spektroskopie von Neutronen und Protonen zum Einsatz
[27].
Alle Experimente haben bzgl. der Datenvielfalt und Raten
eine solche Komplexität erreicht, daß zur Analyse eine hervorragende
Ausstattung mit Rechnern eine Voraussetzung ist.
Im Energiebereich um 1 GeV gibt es z. Zt. neben ELSA (Bonn) mit
einer Strahlenergie von 3.3 GeV und MAMI (Mainz) mit
nahezu 0.9 GeV noch folgende Beschleunigeranlagen:
CEBAF (New Port News, U. S. A.) mit 4 - 6 GeV, BATES/MIT (Cambridge,
U. S. A.) mit ca. 1 GeV und AMPS in Amsterdam (Niederlande) mit
0.7 GeV.
Nächste Seite: Ziele und Arbeitsprogramm
Aufwärts: Stand der Forschung
Vorherige Seite: Freiheitsgrade in Kernmaterie
Frank Frommberger
2000-02-07